KEB

Montag, 10. Januar 2022

"Fragen- und Problemquarantäne"

Anfang Februar ist die dritte Synodalversammlung des Synodalen Wegs der Katholischen Kirche in Deutschland terminiert. Zum Jahresende 2021 befassten sich mehrere Autor*innen auf dem Blog feinschwarz.net mit verschiedenen Aspekten des Synodalen Wegs und geben viele Impulse zum Weiterdenken.

Prof. Rainer Bucher lehrt Pastoraltheologie an der Universität Graz. Sein Beitrag "Auch wenn sich nichts ändert, wird sich etwas ändern" deutet den Synodalen Weg als "eingebette Bischofskonferenz", der den Bischöfen Gesprächsmöglichkeiten eröffnet, die ihnen ansonsten zu fehlen scheinen. Nun werden Konfliktlinien innerhalb der Bischofskonferenz deutlich, die zu spannenden Abstimmungen führen werden. Möglicherweise werden dann in einigen Bistümern neue Realitäten zu beobachten sein. Oder es folgt das "übliche Scheitern an der römischen Normwand" - und deshalb beschleunigtes kirchliches Siechtum oder "innerkirchliche zivilgesellschaftliche Revolte". Was sich ändert, so Rainer Bucher, sei schwer zu prognostizieren, doch dass Bewegung reinkommt, erscheint ihm zwingend. 

Bereits im vergangenen Sommer veröffentlichte der Kirchenrechtler Prof. Norbert Lüdecke das Buch "Die Täuschung. Haben Katholiken die Kirche, die sie verdienen?". Er zeichnet darin eine lange Reihe von Dialogen, Erklärungen, Beratungsgremien,... nach, mit denen die Bischofskonferenz die Basis besänftigte, ohne an den tatsächlichen Verhältnissen irgendetwas ändern zu müssen (und zu wollen). Groß ist das Unverständnis Norbert Lüdeckes, dass sich die "Laien" beim Synodalen Weg nun wieder zur Mitarbeit einfinden und einer erneuten Täuschung erliegen.
Pfarrer Dr. Ferdinand Kerstiens greift die Argumentation von Norbert Lüdecke auf und stimmt ihm in der Beschreibung der "dogmatisch zementierten kirchlichen Machtverhältnisse" zu. In seinem Beitrag Die "Täuschung" von Norbert Lüdecke weist er aber darauf hin, dass das Kirchenrecht der schwerfälligste Teil von Kirche ist. Demgegenüber sieht er viele kleine Reformschritte, die "von unten" auch ohne offizielle kirchenrechtliche Legitimation vollzogen werden. Dass Bischöfe Themen, die seit 50 Jahren in "Fragen- und Problemquarantäne" verharren, nun endlich nicht nur diskutieren, sondern sie sich auch mit klaren Reformbotschaften positionieren, erachtet Ferdinand Kerstiens als großen Fortschritt.

Pauline Pieper ist Doktorandin im Fach Pastoraltheologie an der Universität Innsbruck. In ihrem Beitrag Der Synodale Weg: Ein neuer Anstrich reicht nicht. befasst sie sich zunächst mit der Frage, wen die 230 Mitglieder der Synodalversammlung eigentlich repräsentieren. Junge Menschen erachtet sie als stark unterrepräsentiert.
Die im Synodalen Weg debattierten Themen werden gleichzeitig Jahrzehnte zu spät diskutiert. Nun reicht kein Nachjustieren mehr, keine kleinen Schönheitsreparaturen. "Das kirchliche System ist so marode, dass nur eine Sanierung im Sinne einer Erneuerung helfen kann. Doch wer sanieren will, muss Mauern einreißen – und dafür braucht es keine Reformen, dafür braucht es mehr, viel mehr."

Prof. Tine Stein lehrt Politische Theorie und Ideengeschichte an der Georg-August-Universität Göttingen. Sie ist Mitglied im Synodalforum „Macht und Gewaltenteilung“ und nimmt in Mit Engelszungen und Liebe: der Synodale Weg als Chance katholischer Transformation die Rechtsgestalt der katholischen Kirche in den Blick - eine Rechtsgestalt, die "selbständig denkenden Gläubigen, die gewohnt sind, eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen und diese vor Gott in ihrem forum internum zu rechtfertigen, nicht mehr einsichtig zu machen ist". Wo Pauline Pieper "Mauern einreißen" möchte, darf bei Tine Stein in den Strukturen der katholischen Kirche "kein Stein auf dem anderen bleiben". - Und wenn es dazu nicht kommt? Dann müsse sich der Staat (und die Gläubigen als Bürger*innen dieses Staates!) die Frage stellen, ob er eine "religionsgemeinschaftliche Struktur mit staatlichen Privilegienbündeln unterstützen [möchte], die von demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien denkbarweit entfernt ist."

Schließlich, an Silvester, formulierte Daniela Ordowski ihre Erwartungen an den Synodalen Weg. Die Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung Deutschlands (KLJB) ist Mitglied der Synodalversammlung des Synodalen Weges. In Ich erwarte... formuliert sie die Erwartung an die Bischöfe, ihr eigenes Handeln zu hinterfragen, tatsächlich Verantwortung zu übernehmen, Rechenschaft abzulegen und Diskurs zu lernen.

Zusammengefasst von Ingo Faus
Leiter der Abteilung Erwachsenenbildung und Hochschulen

 

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