Mittwoch, 19. November 2025
„Und auch wir scheiterten, weil uns nicht geglaubt wurde“

"Wir brechen das Schweigen": Das Leitmotiv des Betroffenenbeirats im Bistum Speyer. © Bistum Speyer

Die Gedenkveranstaltung fand in diesem Jahr in Kaiserslautern statt. © Bistum Speyer

Prävention ist der Schlüssel für eine sichere Kirche. © Bistum Speyer

Eine Vertreterin des Betroffenenbeirats spricht in einem Statement über ihre Erfahrungen. © Bistum Speyer

Ein Vertreter des Betroffenenbeirats fordert die Kirche auf Kinder zu schützen. © Bistum Speyer

Wolfgang Schwarz von der UAK spricht über seine Arbeit. © Bistum Speyer

Gerburg Zech erläutert die Arbeit der UAK. © Bistum Speyer

Vertreterinnen und Vertreter des Netzwerks Prävention im Bistum Speyer. © Bistum Speyer

Bischof Wiesemann äußert in einem Statement seine Gedanken. © Bistum Speyer
Jährlicher Gedenktag für Betroffene sexualisierter Gewalt – Betroffenenbeirat und Netzwerk Prävention erinnern in Kaiserslautern
Kaiserslautern. Am 18. November 2025 fand auf dem Martinsplatz in Kaiserslautern der diesjährige Gedenktag für Betroffene sexualisierter Gewalt im Bistum Speyer statt. Eingeladen hatten der Betroffenenbeirat (BBR) sowie das Netzwerk Prävention des Bistums. Inmitten der Innenstadt, nur wenige Schritte vom „Platz der Kinderrechte“ entfernt, machten Betroffene und Verantwortliche der Kirche gemeinsam auf die tiefgreifenden Folgen sexualisierter Gewalt aufmerksam und setzten ein sichtbares Zeichen für Solidarität, Aufarbeitung und Prävention.
„Bis zu acht Versuche unternimmt ein Kind, um gehört zu werden“
Der Betroffenenbeirat erinnerte in seinem Beitrag daran, dass viele Betroffene in ihrer Kindheit körperliche, seelische und sexualisierte Gewalt in kirchlichen Kontexten erleben mussten – in Pfarreien, Internaten, Heimen und Gruppenstunden. Die Mitglieder berichteten eindrücklich in Einzelstatements, dass sie als Kinder häufig niemanden fanden, der ihnen glaubte oder half – weder in Familien noch in Schulen, Behörden oder kirchlichen Strukturen. „Bis zu acht Versuche unternimmt ein Kind, um gehört zu werden, dann verstummt es meist – und auch wir scheiterten, weil uns nicht geglaubt wurde“, so ein Mitglied des Beirats.
Das Leiden und die Folgen der Gewalt prägen viele Betroffene bis heute und hinterließen lebenslange Narben. Umso dringlicher formulierte der Beirat seine Erwartung an alle Verantwortlichen der Kirche und an die gesamte Gesellschaft: Kinder brauchen Schutz, Aufmerksamkeit und Räume, in denen ihre Rechte unantastbar sind.
Konkrete Leitthemen für die Aufarbeitung im Bistum Speyer
Neben dem Betroffenenbeirat nahmen auch Mitglieder der Unabhängigen Aufarbeitungskommission (UAK), die die Aufarbeitungsstudie „Sexueller Missbrauch im Bistum Speyer durch katholische Priester, Diakone, Ordensangehörige und Mitarbeitende des Bistums (ab 1946)“ im Bistum Speyer initiiert haben, teil. Gerburg Zech und Wolfgang Schwarz unterstrichen das Selbstverständnis der UAK, Aufarbeitung parteilich an der Seite der Betroffenen zu gestalten. Sie machten deutlich, dass Missbrauch nur verstanden und verhindert werden kann, wenn kirchliche Strukturen, Autoritäten, Rollenbilder, fehlende Aufsicht und gesellschaftliche Tabus kritisch hinterfragt werden. Sie stellten die sechs Leitthemen ihrer Arbeit vor – darunter Aufarbeitung in Pfarreien, Kommunikation über Maßnahmen, Prävention, Umgang mit Tätern und Reformbedarf in kirchlichen Strukturen – und machten klar, dass umfassende Veränderung nur durch Dialogbereitschaft und konsequentes Handeln möglich ist. „Wir fragen kritisch nach der gesellschaftlichen Relevanz der kirchlichen Sexualmoral und wir benennen Tabuisierungen“, so Gerburg Zech.
Als weiteres Gremium des Bistums berichtete auch das Netzwerk Prävention, das den Gedenktag gemeinsam mit dem Betroffenenbeirat organisiert hat, von seiner Arbeit, darunter die Erstellung von Schutzkonzepten, um Kirche wieder zu einem sicheren Ort werden zu lassen, aber auch den Dialog zwischen Betroffenen und den Seelsorgerinnen und Seelsorgern zu schaffen. Andreas Braun vom Netzwerk Prävention hierzu: „Es ist wichtig, Geschichten zu hören, Lebenserfahrung wahrzunehmen, ins Gespräch zu gehen, um mit diesem Hintergrund auch nochmal neu Seelsorge in der Pfarrei oder an anderen Orten zu gestalten.“
Schweigespiralen überwinden – Aufsicht wirksamer gestalten
Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann verwies in seinem Statement auf dem Martinsplatz in Kaiserslautern auf die im Mai 2025 veröffentlichte Aufarbeitungsstudie der Unabhängigen Kommission. Die Studie zeige in erschütternder Weise das Ausmaß des Leids und das Versagen kirchlicher Verantwortungsträger. Gleichzeitig mache sie deutlich, welche Schritte in den vergangenen Jahren unternommen wurden – vom Paradigmenwechsel hin zum Schutz der Betroffenen über Präventionskonzepte bis hin zu strukturellen Reformen. „Mit unseren Maßnahmen sind wir noch lange nicht am Ziel. Und werden wir auch nie an ein Ziel kommen, weil es hier keinen Schlussstrich geben darf“, betonte der Bischof. Die Schweigespiralen müssten überwunden und Aufsicht noch wirksamer gestaltet werden.
Der Gedenktag macht jedes Jahr erneut deutlich, dass Erinnern, Aufarbeitung und Prävention untrennbar zusammengehören. Mit der Veranstaltung setzten Betroffene sexualisierter Gewalt und Verantwortliche ein gemeinsames Zeichen für Verantwortung, Solidarität und eine Kultur des Hinsehens. Nach den Statements gab es die Möglichkeit, mit den Betroffenen sowie den Gremienmitgliedern ins Gespräch zu kommen.
Diese Meldung und weitere Nachrichten des Bistums wurde veröffentlicht auf der Internetseite www.bistum-speyer.de







































