Montag, 22. September 2025
SchUM-Städte: Von Sturmwind und Friedenssehnsucht
Mit einer gemeinsamen Probe dreier Chöre aus den SchUM-Städten Speyer, Worms und Mainz hat am letzten August-Wochenende die heiße Phase der Vorbereitung eines außergewöhnlichen Konzertprojektes begonnen. Erstaufführung ist am 27. September in Speyer.
Ein an- und abschwellendes Fauchen, Rauschen und Pfeifen zieht durch den Saal des Gemeindezentrums St. Peter in Worms-Herrnsheim. Das ist der Sturm, den der Prophet Elias bei seiner Gotteserscheinung am Berg Horeb erlebt. Die knapp 120 versammelten Sängerinnen und Sänger imitieren das Naturereignis mit ihren Stimmen und folgen dabei aufmerksam den ausdrucksvollen Handbewegungen von Dirigent Julian Müller.
Sie proben für ein einzigartiges Chorprojekt von Mozartchor Speyer, Wormser Kammerensemble und Ensemble Chordial aus Mainz. Mit einer Konzertreihe in allen drei Städten erinnern die Chöre in diesem Herbst an das jüdische Erbe der mittelalterlichen „SchUM-Stätten“ am Rhein, die seit 2021 zum UNESCO-Welterbe gehören. Zwei zeitgenössische Vertonungen hebräischer Bibeltexte schlagen dabei die Brücke nicht nur zwischen Vergangenheit und Gegenwart, sondern auch zwischen jüdischer und christlicher Tradition.
Mit seinen Chichester Psalms hat sich Leonard Bernstein 1965 wie in kaum einem anderen seiner Werke zu seinen jüdischen Wurzeln bekannt. Und der Münchener Komponist und Hochschullehrer Enjott Schneider geht in seinem neuesten Oratorium „Kabbala“ der gleichnamigen mittelalterlichen jüdischen Weisheitslehre auf die Spur.
Schneider hat das Werk eigens für diese Konzertreihe komponiert und ist bei der gemeinsamen Probe in Worms anwesend. Für die Chöre ist das eine interessante Erfahrung, können sie doch Hinweise zur Interpretation der einzelnen Passagen aus erster Hand bekommen. Wenn man normalerweise Werke verstorbener Meister wie Bach oder Mendelssohn singt, ist das etwas ganz Besonderes. Und Schneider gibt immer wieder wertvolle Anleitungen, etwa zu den Ton-Clustern, mit denen der Chor seine fast schon verzweifelten Rufe nach Frieden in den Himmel sendet. „Es kommt hier nicht darauf an, dass ihr die Töne genau trefft. Einige von euch sollten das sogar vollkommen frei herausschreien, ohne sich an den exakten Rhythmus zu halten.“
Doch Schneiders Oratorium erschöpft sich keineswegs in solch expressiven Elementen, die mit reichlich Percussion unterstützt werden. Insbesondere die großen Anteile der Solo-Violine und des Solo-Altus kommen in einem sehr sanglichen Duktus daher. Bei Bernsteins Chichester Psalms ist – ganz im Kontrast zur vorangegangenen Phase seiner Beschäftigung mit Zwölftonmusik – die Rückkehr zur Tonalität sowieso ein Markenzeichen.
Außer den drei Chören mit ihren Dirigenten Dieter Hauß, Daniel Rumpf und Julian Robin Müller wirken als Vokalsolist der Countertenor Yongbeom Kwon und das Heidelberger Kantatenorchester mit, letzteres in großer Besetzung mit Blechbläsern und dreifachem Schlagzeug. Eine besonders herausgehobene Rolle kommt der neuen Geige von Soloviolinist Ingolf Turban zu. Sie wurde aus 30 bis 50 tausend Jahre altem neuseeländischen Kauri-Holz gefertigt und ist im vergangenen November erstmals konzertant in der Münchener Frauenkirche erklungen. Mit an Bord bei dem Konzertprojekt sind die drei Städte, deren Oberbürgermeister bzw. Oberbürgermeisterin die Schirmherrschaft übernommen haben. Gefördert wird das Projekt unter anderem vom Land Rheinland-Pfalz, vom Landesmusikrat und von der Kulturstiftung Speyer.
Die Aufführungstermine sind am 27. September um 19.30 Uhr im Dom zu Speyer, am 8. November um 18 Uhr in der Dreifaltigkeitskirche Worms und am 9. November um 18 Uhr in der Christuskirche Mainz. Das Konzert in Speyer ist zugleich Teil der „Internationalen Musiktage Dom zu Speyer“.
Eintrittskarten gibt es bei Reservix mit allen angeschlossenen Vorverkaufsstellen, bei den jeweiligen lokalen Stellen und über die mitwirkenden Chöre sowie für Speyer zusätzlich bei der Dommusik und im Dompavillion. Inhaber der Rheinpfalz-Card erhalten für das Konzert in Speyer Ermäßigung beim Rheinpfalz-Ticketservice. Weitere Infos unter www.mozartchor-speyer.de.