Redaktion der pilger

Dienstag, 30. September 2025

Damit beim Loslassen auch die Seele mitzieht

Warum ist das Loslassen für viele Menschen nur so schwer? Foto: Bernd Kröger/AdobeStock.com

Der Herbst ist die Zeit des Loslassens. Das gehört zum Leben. Menschen fällt aber gerade das meist schwer. Und nicht nur, wenn es um das Entrümpeln der Wohnung geht.

Die Muschel vom Karibikurlaub 1998, das Geschirr der Eltern, die Romansammlung - viele Dinge finden im Lauf des Lebens zu einem. Sie nehmen Raum und Räume ein, obwohl sie ihre Dienste längst getan haben. Aber sich einfach von ihnen zu trennen? Vielen fällt das schwer. Das kennt auch die Hamburgerin Dorothea Rohde. Ihre Eltern haben den Weltkrieg überlebt und mussten später aus der DDR fliehen. "Sie mussten fast alles zurücklassen. Deswegen hielten sie später umso intensiver an ihren Besitztümern fest", sagt Rohde.

Loslassen spielt eine große Rolle in ihrem Leben. Die 63-Jährige hat 2022 das Aufräum-Startup "Good-Rooms" gegründet, arbeitet als ehrenamtliche Sterbebegleiterin und ist zertifizierte Trauerbegleiterin. Mit ihrem Startup hilft sie unter anderem Hinterbliebenen, den Nachlass von verstorbenen Eltern oder Partnern zu sichten und begleitet den Prozess, sich von Dingen zu verabschieden. Sich einfach systematisch alles ansehen und dann gezielt aussortieren und entsorgen - das ist leichter gesagt als getan. Rohde spricht von "Anhaftungen", die dafür sorgen, dass sich Menschen nicht von Gegenständen trennen können. Ob Urlaubssouvenirs, Bücher oder alte Bilder - diese Dinge wirkten für den Besitzer wie "aufgeladen mit der Energie und dem Geist der Zeit, aus der sie stammten. Wie soll man so Bedeutendes loslassen, weggeben, gar wegwerfen?", schreibt sie in ihrem gerade erschienenen Buch "Die Magie der Dinge".

Zudem beobachtet Rohde eine tiefsitzende Angst, dass das eigene Leben ohne die äußere Fülle "leer und ereignislos sein oder werden könnte". Langeweile, Sinnlosigkeit und Einsamkeit - das alles könne sich sehr unangenehm anfühlen. Menschen neigen aus ihrer Beobachtung deshalb dazu, diese innere Leere zu kompensieren - etwa durch Alkohol oder exzessives Shoppen. Auch eine langweilige Beziehung, öde Freizeitgestaltung oder das Gefühl fehlender Selbstwirksamkeit könne zu einer Flucht ins Materielle führen. Stattdessen gelte es, sich zu fragen: Was fehlt mir im Leben wirklich?
Befreit von negativer Energie

"Anhaftungen" können aus ihrer Erfahrung aber auch Erinnerungen sein - an eigene Erlebnisse, aber auch die der Vorfahren, die gewürdigt, dann aber losgelassen werden wollen. Bevor sich Menschen von Dingen trennen können, müssten sie sich der Ursachen möglichen Leids als Ursache für eine materielle Fülle bewusst werden und dieses anerkennen. "Erst wenn das Leid ausreichend gewürdigt wurde, kann der Prozess des Loslassens beginnen", erklärt Rohde der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Die Seele zieht dann mit, wenn wir merken: Es wird leichter. Es hat gutgetan, diesen einen Gegenstand, mit dem wir beginnen, verabschiedet zu haben. Ihn aus dem Haus getragen zu haben und von seiner Energie befreit zu sein."

Das Entrümpeln schenke ein Gefühl neuer Freiheit und ist aus Rohdes Sicht oft nur der Anfang, "auch über andere Ebenen unseres Lebens nachzudenken". Menschen haben aus ihrer Beobachtung oft das Gefühl, dass "alles zu viel wird" - Alltagsbelastungen, schlechte Nachrichten, Verpflichtungen, Freizeitaktivitäten, Gegenstände, Gewohnheiten, Beziehungen. Dies alles könne auf den Prüfstand, so die Aufräumexpertin. Wenn dies alles nicht zu innerer Ruhe und Zufriedenheit führe, sollte man sich davon verabschieden. "Veränderung im Inneren braucht Veränderung im Außen", sagt Rohde. Auch eine Wohnung könne nur dann zu einem Kraftort werden, wenn sie sich "an die Wandlungen, Entwicklungen und an die Wendepunkte und Krisen unseres Lebens anpasst", schreibt sie in ihrem klugen wie tiefgründigen Buch.

Dinge und Gewohnheiten loszulassen gehe einher mit der Erfahrung: "Wir tun etwas für uns selbst, wir übernehmen Verantwortung für unser eigenes Wohlergehen, und vielleicht zum ersten Mal überhaupt steht unser eigenes Bedürfnis an erster Stelle und nicht das eines anderen." Und dann ziehe beim Loslassen auch die Seele mit. (Angelika Prauß/kna)

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