Mittwoch, 08. Oktober 2025
Ludwigshafener OB: Finanzmisere der Kommunen gefährdet Demokratie
Die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) sieht in der schlechten Finanzlage vieler deutscher Städte eine Gefahr für den Fortbestand des politischen Systems.
„Demokratie leidet, wenn Kommunen zu Tode gespart werden“, sagte sie am Mittwoch in der Landespressekonferenz in Mainz. Die drastisch gestiegenen Sozialausgaben und Jugendhilfe-Kosten hätten den Städten die Gestaltungsfreiheit genommen. Bund und Länder müssten Gesetze endlich „so finanzieren, dass die Städte nicht draufzahlen.“
Für Ludwigshafen summierten sich die nicht refinanzierten Kosten im Bereich Soziales und Jugend 2025 auf über 240 Millionen Euro, im kommenden Jahr werde der Betrag voraussichtlich auf 270 Millionen ansteigen. Die zweitgrößte Stadt von Rheinland-Pfalz lebe schon seit gut 30 Jahren mit Sparhaushalten. Dies würden die Bürgerinnen und Bürger längst auch im Alltag spüren, weil beispielsweise das Geld für die Pflege städtischer Grünanlagen fehle.
Lange Zeit hätten andere Städte dem einst wohlhabenden Ludwigshafen vorgeworfen, über seine Verhältnisse zu leben, klagte die Oberbürgermeisterin. Dabei gebe es aufgrund der Sozialstruktur objektiv andere Bedarfe: „Ludwigshafen braucht für Jugend- und Sozialausgaben anderes Geld als Baden-Baden.“ Besonders die ärmeren Menschen in der Stadt würden unter der Situation leiden, während Reiche in den Speckgürtel des Umlandes umziehen könnten.
Die ehemalige Sozialdemokratin, die 2023 unter anderem wegen der schlechten Finanzausstattung der Kommunen aus der SPD ausgetreten war, lobte in diesem Zusammenhang den amtierenden Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD). Dieser habe ihren „Weckruf“ verstanden und die Notlage vieler Städte erkannt.
In der Debatte um den Wahlausschluss des AfD-Politikers Joachim Paul vor der Oberbürgermeisterwahl sieht Steinruck bei sich keine Fehler. Im Gegenteil hätte sie sich womöglich strafbar gemacht, wenn der Landtagsabgeordnete trotz Zweifeln an seiner Verfassungstreue zur Wahl zugelassen worden wäre. Die Landespolitik habe auf die Abstimmung im Wahlausschuss, deren Vorsitz Steinruck innehatte, keinen Einfluss genommen, versicherte sie: „Es gab keinerlei Druck, keinerlei Aufforderung.“
Die Anfeindungen nach der Entscheidung, Paul nicht zuzulassen, hätten jedes akzeptable Maß überschritten, berichtete Steinruck. Nicht nur sie selbst, sondern sogar Mitarbeiter der städtischen Telefonzentrale seien bedroht worden. Für städtische Beschäftigte sei eine psychologische Beratung eingerichtet worden.
Die frühere Gewerkschaftsfunktionärin, Landtags- und Europaabgeordnete Steinruck amtiert seit 2018 als Oberbürgermeisterin ihrer Heimatstadt. Bei der OB-Wahl Ende September war sie nicht mehr angetreten. Wer ihr Nachfolger wird, entscheidet sich am Sonntag, 12. Oktober, zwischen den Kandidaten Klaus Blettner (CDU/FWG) und Jens Peter Gotter (SPD). (epd)