Mittwoch, 09. November 2022
Machen Sie sich keine Sorgen?
Was würde das nützen? Nur das angstfreie Vertrauen auf Gott hilft unserem Leben
Der Unterhändler – so lautet der Titel eines 2015 erschienen Kinofilms, in dem es um die Verhaftung eines Sowjet- agenten durch die USA auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges geht. Neben der Spannung des Films ist es aber ein kurzer Dialog, der im Gedächtnis und auch im Herzen hängen bleibt. Zu Beginn der Gerichtsverhandlung sitzt der angeklagte russische Agent ganz ruhig auf seinem Platz. Er wirkt vollkommen unbeeindruckt vom Publikum, das unverhohlen die Todesstrafe fordert. Fasziniert von der Ruhe des Angeklagten fragt ihn sein Anwalt: „Machen Sie sich keine Sorgen?“ Dieser antwortet nur: „Würde das was helfen?“
Machen Sie sich keine Sorgen? Würde das was helfen? Eine kleine Gegenfrage, die es auf den Punkt bringt: Sich sorgen, hilft im Leben nicht weiter! Ja, das stimmt, denn wie oft musste ich schon feststellen, dass die Gedanken, die mich nachts sorgenvoll beschäftigt und um den Schlaf gebracht haben, am nächsten Tag zu keiner Lösung des Problems führten.
Sorgen und Ängste erweckt auch das Lukasevangelium zum 33. Sonntag im Jahreskreis. Es sind düstere Bilder, die hier heraufbeschworen werden. Von der Zerstörung des Tempels und der Stadt, von Kriegen und Unruhen, von Erdbeben, Seuchen und Hungersnöten sowie von persönlicher Verfolgung bis zum Tode ist die Rede. Gewaltige apokalyptische Bilder kündigt hier Jesus an. Heute klingen solche drohenden Ankündigungen vielleicht fremd, damals war aber apokalyptische Literatur ein bekanntes Stilmittel.
Zur Zeit der Abfassung des Lukasevangeliums sind der Tempel in Jerusalem und die Stadt von den römischen Soldaten schon zerstört worden und die Lukasgemeinde muss sich in teilweise bedrängenden Situationen gefunden haben. Das Lukasevangelium platziert die Ankündigung somit als etwas, was schon teilweise passiert ist. So merkwürdig dies auch klingen mag: den Menschen, die dies damals gehört haben, hat dies vermutlich gut getan. Sie haben die Zerstörung überlebt mit der Erfahrung, uns ist nichts passiert.
Auch in unserer jetzigen Zeit werden viele Schreckensbilder gezeichnet: Krieg, Naturkatastrophen, Klimawandel, Zusammenbruch der Energie- und Stromversorgung, Inflation – düstere Prognosen für die kommenden Monate und darüber hinaus, die immer wieder von den Medien aufgegriffen und genährt werden. All das kann Angst machen und das Leben lähmen. Doch Sorgen und Ängste helfen nicht weiter! Diese nüchterne Erkenntnis befreit. Eine größere Befreiung wird uns zudem von Jesus mitgegeben. Inmitten der dunklen Bilder finden wir die Zusage: „Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden.“
Das heutige Evangelium will somit Hoffnung geben: Es wird gut werden, euch wird kein Haar gekrümmt werden – so wie Gott es schon immer mit seinen geliebten Menschen gehalten hat. Gott ist stärker als dieses Chaos. Behaltet kühlen Kopf. Bleibt ruhig, denn Sorgen bringen uns nicht weiter – nur das angstfreie Vertrauen auf Gott hilft unserem Leben! (Marius Wingerter)